Inhalt:
Nutzen der Ressourcenorientierten Genogrammarbeit im Karriere-CoachingUrsprung der Ressourcenorientierten GenogrammarbeitAblauf der Ressourcenorientierten Genogrammarbeit im CoachingDas sagen unsere Kund:innen:„Die Genogrammarbeit bringt ungenutzte Kompetenzen ans Tageslicht, macht Werte bewusster und deckt Glaubenssätze auf”
Wer sich beruflich umorientiert, sollte seine Stärken und Kompetenzen kennen und sich der Werte, die dem eigenen Handeln zugrunde liegen, bewusst sein. Diese Informationen sind aus unserer Sicht nur über die eigene Biografie zu erschließen. Dabei unterscheiden wir zwischen der Erwerbsbiografie und der familiär geprägten Biografie. Während wir am INQUA-Institut die Erwerbsbiografie mit dem Kompetenzprofil High Profiling® auswerten, nutzen wird die Ressourcenorientierte Genogrammarbeit, um bisher unbeachtete oder unbewusste Überzeugungen, Werte und informell vermittelte Kompetenzen aus der Herkunftsfamilie herauszuarbeiten. Sie erfahren in diesem Artikel, welchen Nutzen Ihnen diese Methode für Ihre berufliche Umorientierung bringt, woher die Methode stammt, wie sie genau aufgebaut ist und was unsere Klient:innen darüber sagen. Die Ressourcenorientierte Genogrammarbeit ist eine Weiterentwicklung der klassischen Genogrammarbeit. Sie unterscheidet sich, wie der Name schon sagt, in dem Fokus auf die Ressourcen. Die Ressourcenorientierte Genogrammarbeit wurde von INQUA Gründer Dr. Martin Hertkorn in den 10er Jahren entwickelt (Coachingmagazin 4/2012) und wird seit dieser Zeit am INQUA-Institut Berlin erfolgreich eingesetzt.
Nutzen der Ressourcenorientierten Genogrammarbeit im Karriere-Coaching
1. Bisher unbeachtete, teils auch unbewusste Kompetenzen werden sichtbar und für die Entwicklung eines Berufsbildes nutzbar Beispiel: Paul ist der erste Akademiker in der Familie. Er studiert Kommunikationswissenschaften und ist über einige Jahre hinweg der persönliche Referent einer Landtagsabgeordneten. Nun möchte er im Bereich Unternehmenskommunikation tätig werden, doch weiß er nicht, wo er sich überhaupt bewerben soll. Durch die Ressourcenorientierte Genogrammarbeit erinnert sich Paul an den von seinen Eltern gemeinschaftlich geführten Handwerksbetrieb. Paul wird bewusst, wie umfangreich sein Wissen über die Herausforderungen solcher Unternehmen ist. So bewirbt er sich gezielt bei einer Handwerkskammer und wird, nach einer Zwischenstation in der Redaktion der Mitgliederzeitung, zu deren Pressesprecher.
2. Die Kenntnis der eigenen Grundwerte und Überzeugungen unterstützt bei der Entscheidungsfindung Beispiel: Juliane war jahrelang in einer jungen und schnell wachsenden Marketingagentur als Contentmanagerin tätig. Das Gehalt war niedrig, die Arbeitszeit mit 50 bis 60 Stunden die Woche zu hoch. Der Chef war cholerisch und die Stimmung zwischen den Kolleg:innen schlecht. Juliane hat dennoch jahrelang durchgehalten. Durch die Genogrammarbeit wird ihr deutlich, wie stark sie von ihren Eltern und Großeltern in den Werten Pflichtbewusstsein und Gehorsam geprägt wurde. Sie entscheidet, diese Werte herunterzuschrauben und durch ein Mehr an Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortung zu ergänzen. Mit ihrem Coach erarbeitet Juliane Kriterien, die auf ihren nächsten Arbeitgeber zutreffen sollten: Wertschätzender Umgang mit Mitarbeitenden, keine zur Regel werdenden Überstunden, konstruktiver Umgang mit Kritik. Juliane erfährt, dass ältere Unternehmen meist auch über eine reifere Führungskultur verfügen und Familienunternehmen eher werte- und nicht ausschließlich gewinnorientiert sind. Sie stellt eine Liste mit inhabergeführten Unternehmen zusammen, die in ihrem Einzugsbereich liegen und mindestens fünfzehn Jahre alt sind. Mit ihrem Coach entwickelt sie für das erste anstehende Bewerbungsgespräch Fragen, um eine möglichst genaue Vorstellung von der dortigen Führungskultur zu bekommen. Heute arbeitet Juliane 30 Stunden in der Marketingabteilung eines Familienunternehmen, das medizinische Geräte herstellt. Im Team fühlt sie sich wohl.
3. Bewusstmachen eigener Kompetenzen und Stärken Beispiel: Saskia kam als Heranwachsende mit ihren rumänischstämmigen Eltern nach Deutschland. In der Schule wurde sie gehänselt. Sie macht ihr Abitur und studiert Jura. Das zweite Staatsexamen besteht sie nicht. Über viele Jahre hinweg ist sie in einer Kanzlei das Mädchen für alles, ohne dass sie dafür viel Anerkennung gefunden hätte. In der Genogrammarbeit denkt sie erstmalig über ihre Herkunftsfamilie nach. Saskia erinnert sich an ihre starke Urgroßmutter, die nach dem frühen Tod ihres Mannes neun Kinder allein durchgebracht hat, indem sie einen Blumenladen eröffnete. Daraus wurde eine ganze Ladenkette mit unterschiedlichen Geschäften und die Großmutter brachte es als anerkannte Geschäftsfrau zu einem bürgerlichen Wohlstand. Durch das Herausarbeiten der Kompetenzen, die diese Urgroßmutter vermutlich besaß, fasst die Klientin den Mut, eine Weiterbildung im Controlling zu absolvieren. Eineinhalb Jahre später findet sie – nicht zuletzt dank ihrer juristischen Kenntnisse – eine Führungsposition als Controllerin in einem Systemhaus. Alle drei Beispiele zeigen, dass eine gründliche Reflexion der Kompetenzen und Erfahrungen der Vorfahren sowie das Herausarbeiten der eigenen Werte und Überzeugungen eine sehr hilfreiche Informationsquelle für eine nachhaltige berufliche Neuorientierung darstellen können.
Ursprung der Ressourcenorientierten Genogrammarbeit
Das Genogramm stammt aus der systemischen Familientherapie. Mit Symbolen wird am Flipchart oder PC eine stammbaumähnliche Übersicht des Familiensystems erstellt. Männliche Vertreter werden als Vierecke dargestellt, weibliche Familienmitglieder als Kreise. Geschwister, Halbgeschwister und Stiefgeschwister werden auf einer Ebene, Eltern, Großeltern und weitere vorausgegangene Generationen auf einer jeweils darüber liegenden Ebene abgebildet. Es können Geburts-, Heirats- und Sterbedaten, Vornamen, Berufe und Besonderheiten neben den Symbolen vermerkt werden. Es gibt eine Reihe weiterer Symbole und Bezeichnungen, die sich bei McGoldrick und Gerson (Genogramme in der Familienberatung, Berlin 1990) nachlesen lassen.
Genogramme verhelfen dazu, unbewusste Prägungen und Glaubenssätze bewusst und damit bearbeitbar zu machen. Im Herkunftssystem wird nicht nur die jeweilige Muttersprache vermittelt, sondern gleichzeitig das Wertesystem angelegt, welches die Ausgangsbasis der eigenen Denkstruktur bildet. In der klassischen Genogrammarbeit werden verdeckte oder tabuisierte Konflikte sichtbar und bearbeitbar gemacht und auf diese Weise in der systemischen Familientherapie genutzt. Die Ressourcenorientierte Genogrammarbeit ist hingegen kein therapeutisches Instrument. Vielmehr konzentriert sich diese Arbeit ganz auf die Ziele des Karriere-Coachings, nämlich dem Aufspüren unbewusster Kompetenzen, der Bewusstmachung eigener Werte, dem Nachjustieren handlungsbestimmender Überzeugungen und der Stärkung der Ressourcen.
Ablauf der Ressourcenorientierten Genogrammarbeit im Coaching
Das Vorgehen verläuft in drei Schritten. Im ersten Schritt wird die Familienstruktur abgebildet, im zweiten werden die Kompetenzen herausgearbeitet und im dritten Schritt die Werte erfasst. Die Erstellung erfolgt entweder am Flipchart – gemeinsam mit dem Coachee im Präsenz-Coaching – oder im digitalen Coaching unter Zuhilfenahme eines entsprechenden Zeichentools wie zum Beispiel draw.io.
Schritt 1: Erstellung einer stammbaumähnlichen Übersicht
Wir beginnen mit der Person, die im Fokus steht. Diese wird bei einem männlichen Klienten durch ein Viereck im Viereck dargestellt, als ein doppelter Kreis, wenn es sich um eine Frau handelt. In diesem Fall handelt es sich um einen Mann Jahrgang 1962, der eine zwei Jahre ältere Schwester und einen vier Jahre älteren Bruder hat. Darüber werden auf der jeweils nächsthöheren Ebene die Eltern, die Groß- und, soweit bekannt, die Urgroßeltern eingetragen. Es werden nur die Informationen verwendet, an die sich der Coachee situativ erinnert. Es besteht ausdrücklich kein Anspruch auf Vollständigkeit. Wer es möchte, kann die Arbeit außerhalb der Coaching-Sitzung noch vertiefen und/oder Nachforschungen betreiben.
Schritt 2: Soziale und fachliche Kompetenzen
Am Flipchart werden selbstklebende Post-its verwendet. Zu den einzelnen Vorfahren wird nun die Frage gestellt: Über welche sozialen und fachlichen Kompetenzen verfügt(e) diese Person? Ist beispielsweise von einem Großvater lediglich der Beruf bekannt, werden gemeinsam von Coach und Coachee Hypothesen zu den vermutlichen Kompetenzen gebildet. Onkel und Tanten sowie Großonkel und Großtanten bleiben in der Regel außen vor, es sei denn, es handelt sich um eine für den Coachee besonders relevante und prägende Bezugsperson. Auch hier gilt die Regel, dass kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht und das Gedankenexperiment zu Hause fortgesetzt werden kann. Der Coachee erhält die Aufgabe, darüber zu reflektieren, welche der auf diesem Wege erfassten Kompetenzen ihn selbst geprägt haben.
Schritt 3: Werte und Glaubenssätze
Dieses Mal wird von der Vergangenheit in die Zukunft, also von oben nach unten vorgegangen. Die Frage lautet, welche Grundwerte und Überzeugungen für die Großeltern wohl handlungsbestimmend waren (oder sind). Diese Werte oder Überzeugungen werden auf den Moderationskarten festgehalten. In gleicher Weise wir mit den Eltern verfahren. Meist werden Ehepaare gemeinsam auf einer Karte erfasst. Sollten sich jedoch große Werteunterschiede zwischen Vater und Mutter oder einzelnen Großeltern zeigen, können weitere Werte-Karten der jeweiligen Ebene hinzugefügt werden.
Wer über die Werte der Großeltern und Eltern nachgedacht hat, kann meist leicht seine eigenen Werte und Überzeugungen mitteilen. Diese stellen dann das relevante Ergebnis des dritten Schrittes dar. Nach Ende der Sitzung erhält der Coachee ein Arbeitsblatt, das ihn mit offenen Fragen dazu einlädt, die aus der Ressourcenorientierten Genogrammarbeit herausgefilterten Ergebnisse noch einmal für sich zu erfassen und für die Karriereplanung zu nutzen. Die Genogrammarbeit bietet also viele Chancen, bringt ungenutzte Kompetenzen ans Tageslicht, macht Werte bewusster und deckt Glaubenssätze auf. Sowohl im Karriere-Coaching als auch im Coaching von Führungskräften lassen sich die Ergebnisse aus der Genogrammarbeit hervorragend verwerten.
Das sagen unsere Kund:innen:
Das INQUA-Institut befragt mit einem standardisierten digitalen Fragebogen die Klient:innen drei Wochen nach Abschluss des Coaching-Prozesses nach ihrer Einschätzung des Vorgehens. Unten stehend sind einige Feedbacks zum Genogramm aufgeführt. Weitere Ergebnisse finden Sie in der jährlich aktualisierten Evaluation.
„Das Genogramm war für mich sehr interessant. Zum Beispiel war mir vorher nicht klar, dass ich unbewusst so viel von meinen Großeltern oder von meinem Vater übernommen habe. Konkret mache ich viele Sachen für andere Leute und denke zu wenig an mich. Und beim Genogramm ist mir klargeworden, dass mein Vater und Großvater das auch gemacht haben. Und die waren beliebt bei anderen, aber für sich selbst haben sie zu wenig gemacht. Das war schon überraschend für mich zu erkennen“ „Durch die Genogrammarbeit gelingt mir nun ein etwas nachsichtigerer und geduldigerer Umgang mit mir selbst“ „Ich empfand die Genogrammarbeit anfangs als sehr aufwühlend, da mir viele Muster vor Augen geführt wurden, welche mich im Bewerbungsprozess blockierten, an welchen ich jedoch nun arbeiten kann“ „Man kann damit sehr viel über sich selbst erfahren, über seine Abstammung und über Dinge, die man vorher noch nicht bedacht hat. Das hat einen weitreichenden Einfluss, den man von außen erkennen kann. Also man selbst erkennt das nicht, aber die Leute, die das hören und darin geschult sind, die erkennen das schon“ „Durch die Genogrammarbeit sind mir die Ursprünge meiner Werte bewusst geworden. Dieses Coaching mit all seinen Inhalten hat mein Leben bereichert“
Über den Autor:
Weitere Links zum Thema:
Ressourcenorientierte Genogrammarbeit – Ein Coaching-Tool von Dr. Martin Hertkorn (erschienen im Coaching-Magazin 4/2012)
COACHGEFLÜSTER – Erkenne deine Werte! Berufswahl und Jobsuche leicht gemacht – INQUA Karriere-Coach Sylvia Reckel über den Nutzen der Genogrammarbeit für die berufliche Neuorientierung
Digitales Coaching für Akademiker, Fach- & Führungskräfte – Die Vermittlung digitaler Kompetenzen im INQUA Karriere-Coaching
Online-Coaching auf Erfolgskurs – INQUA Karriere-Coaches berichten aus der Praxis
Letzte Beiträge
Krisen meistern – Arbeitslosigkeit als Chance
Entdecken Sie, wie Arbeitslosigkeit zur Chance werden kann! In der aktuellen Folge von COACHGEFLÜSTER erklärt Krisen-Expertin und INQUA Coach Susanne Günther, wie Sie berufliche und andere persönliche Krisen als Katalysator für positive Veränderungen nutzen und Ihren beruflichen Neuanfang erfolgreich gestalten.
Wie Sie Ihre Körpersignale bei der Jobsuche nutzen
Unser Körper beeinflusst uns in unseren Entscheidungen und kann uns bei der beruflichen Neuorientierung unterstützen. Im Podcast spricht Karriere-Coach und Embodiment-Expertin Monica Rella darüber, wie wir unsere Körpersignale besser verstehen und in unsere Denk- und Entscheidungsprozesse integrieren können.
INQUA Sommerfest auf der Spree – Reise der Resilienz
Das INQUA Sommerfest als krönender Abschluss des 2-tägigen Kongresses: Eine unvergessliche Spreefahrt auf der MS Phantasia mit kubanischer Live-Musik, Tanz und viel Gelegenheit zum Networken. Ein Abend, der das INQUA Kernteam, die Karriere-Coaches und Analysierenden aus ganz Deutschland vereinte.