Ein bewegtes Jahr endet, ein neues beginnt. Die Pandemie gilt, zumindest gefühlt, als weitgehend überwunden – und macht anderen globalen Krisen Platz wie dem schrecklichen Krieg in der Ukraine, dessen wirtschaftliche Folgen mittlerweile global spürbar sind. Bei so hoher Ungewissheit darüber, was die Zukunft bringt, werden auch bei diesem Jahreswechsel Neujahrsvorsätze Konjunktur haben. Stabilität durch Zuversicht! Doch viele ehrgeizige Pläne verlieren sich innerhalb der ersten Monate. Alle Jahre wieder. Wie ist das zu erklären?

Gut gemeint – das Phänomen der Neujahrsvorsätze

Neujahrsvorsätze haben einen zweifelhaften Ruf. So ernst sie gemeint sein mögen, so zuverlässig scheinen sie in die Binsen zu gehen. Tatsächlich ist das Timing nicht optimal. Denn was kommt vor dem Jahreswechsel? Da wäre zunächst die geschäftige Vorweihnachtszeit, in der Besorgungen aller Art gemacht werden und ein Marathon an Verwandtschaftsbesuchen ansteht. Dann folgen die Feiertage, an denen übersteigerte Harmonie-Wünsche auf eine aufreibende Realität treffen. Kurzes Luftholen und Entspannen zwischen den Jahren. Zu guter Letzt die Festivitäten zum Jahreswechsel, die mehr oder minder exzessiv ausfallen. Nach all dem sollen nun die guten Vorsätze mit höchster Disziplin umgesetzt werden.

Ganz zu schweigen davon, dass der Jahreswechsel im tiefsten Winter liegt. Wenig Sonne, die mentalen Akkus sind leer und es dauert noch mindestens drei Monate, bis sich der Frühling blicken lässt. Edle Absichten, die also zur Unzeit kommen? Oder steckt mehr dahinter?

Verworfene Neujahrsvorsätze – mehr als nur ein Klischee

Dass viele Neujahrsvorsätze scheitern, ist keineswegs nur ein Klischee. So können die Betreiber von Fitness Studios alljährlich zum Jahresbeginn viele neue Mitglieder begrüßen. Die meisten beenden das Training nach kurzer Zeit. Ausgehend von Umfragen und Erfahrungswerten scheitern schätzungsweise 80 Prozent der Neujahrsvorsätze bis Februar.

Was genau läuft schief? Während die Gründe von Person zu Person variieren, gibt es typische Denkfehler, die Sie vermeiden können, wenn Sie private und berufliche Vorsätze fürs neue Jahr umsetzen wollen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

5 häufige Fehler, durch die gute Vorsätze scheitern können

1. Das Ziel ist nicht attraktiv

Oftmals machen wir es uns unnötig schwer, indem wir Ziele negativ formulieren, zum Beispiel als Verbote oder Verzichtsbekenntnisse. Beliebt sind „Aufhören mit dem Rauchen!“, „Nie wieder Süßigkeiten!“. Diese Formulierungen können uns sogar mehr schaden als nutzen, denn zusätzlich zur Motivationsbremse kommt die Selbstverurteilung, wenn es nicht funktioniert. Empfehlenswert ist es stattdessen, einen attraktiven Zielzustand zu formulieren und die Veränderungsschritte in Aktionen zu beschreiben. Zum Beispiel: „Ich bin gesund und fühle mich wohl in meinem Körper. Dazu ernähre ich mich ausgewogen und treibe regelmäßig Sport, und zwar jeden Montag und Donnerstag.“ Mein Tipp: Stellen Sie sich diesen Zielzustand vor Ihrem inneren Auge vor und nehmen Sie sich Zeit, diesen zu visualisieren.

2. Zu hohe Maßstäbe

Veränderungen lassen sich nur schwerlich erzwingen. Besonders dann, wenn die Ziele unrealistisch hoch sind. Es ist zwar leicht, ambitionierte Vorsätze zu formulieren, vor allem wenn es erst nächstes Jahr mit der Umsetzung losgeht. Doch dann kommt der Tag X und plötzlich wird der Vorsatz über Nacht zum Maßstab. Dies kann dazu führen, dass Sie im Stillen aufgeben, bevor Sie überhaupt anfangen. So ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Seien Sie stattdessen lieber ehrlich zu sich und formulieren Sie ein erreichbares Ziel. Auch kleine Schritte können uns wesentlich weiterbringen. Große Veränderungen beginnen wie jede Reise mit dem ersten Schritt. Wenn Sie sich hiervon angesprochen fühlen, probieren Sie einmal Folgendes aus. Fragen Sie sich: „Was ist der kleinste Schritt, den ich tun könnte, um meinen Zielzustand zu erreichen?“ Sie können immer noch eine Schippe drauf packen, bis Sie die richtige Dimension für sich gefunden haben. Es ist viel leichter, vom Kleinen aus zu denken, um nicht beim Anblick des Berges zu kapitulieren.

3. Zu hohe Erwartungen von außen

Sind die Neujahrsvorsätze wirklich Ihre Ziele? Warum sind diese Ziele wichtig für Sie? Wie würde das Erreichen dieser Ziele Ihr Leben beeinflussen und welches Gefühl löst dies aus? Wenn Sie diese Fragen nicht einfach beantworten können, nehmen Sie sich die Zeit dafür. Wenn Sie auch nach längerer Reflexion keine überzeugenden Antworten haben, sollten Sie die Vorsätze hinterfragen. Möglicherweise sind es eher die Erwartungen Ihrer Umwelt. Dies führt zu Unsicherheit über Ihre Ziele und schafft Raum für Resignation und Zweifel. So kann eine innere Distanz zwischen Ihren formulierten Zielen und Ihren eigentlichen Bestrebungen entstehen. Sie können sich vorstellen, dass das nicht langfristig gut geht, oder?

4. Mangelnde Geduld

Nach Zielen zu streben, auf diese hinzuarbeiten und dabei geduldig zu bleiben, ist nicht immer einfach. Vielleicht haben Sie vor ein Instrument zu lernen oder regelmäßig zu meditieren? Besonders bei der Etablierung neuer Gewohnheiten brauchen Sie einen langen Atem. Wussten Sie, dass es durchschnittlich ca. 60 Tage braucht, bis Sie eine neue Gewohnheit vollständig in Ihr System integriert haben? Vielleicht sehen Sie anfangs kaum Fortschritte und alles zieht sich viel mehr, als Sie es erwartet haben. Diese Enttäuschung führt leicht dazu, dass aufgeben nicht mehr als schmerzhaft, sondern als attraktiver Ausweg erscheint. Möglicherweise hinterfragen Sie den Wert des Ziels plötzlich. Hürden im Prozess werfen die Frage auf, ob es das Ganze eigentlich wert ist. Meine Tipps: Verbinden Sie langfristig angelegte Ziele immer wieder mit kleinen Belohnungen zwischendurch und machen Sie die Tätigkeit selbst attraktiv. Schaffen Sie außerdem ideale Rahmenbedingen und reduzieren Sie äußere Widerstände schon bei der Planung

5. Rückschläge sind normal, schneller Wandel unwahrscheinlich

Individuelles Wachstum ist kein linearer Prozess. Sich selbst oder die eigene Lebenssituation zu verändern, mag attraktiv und wünschenswert erscheinen, doch sind Sie auch dafür bereit? Haben Sie ein unterstützendes Umfeld? Haben Sie Zugriff auf Ihre Ressourcen? Was brauchen Sie, um dafür bereit zu sein? Veränderungen benötigen Energie und sind zwangsläufig mit Rückschlägen und Herausforderungen verbunden. Beziehen Sie diesen Faktor in Ihre Überlegungen mit ein und schaffen Sie günstige Voraussetzungen. Diese können die Chancen auf Erfolg stark beeinflussen und sind langfristig vielversprechender als ein impulsiver Kaltstart Richtung Ziel ohne ausreichend Treibstoff im Tank.

Inspirationen für gute berufliche Vorsätze im neuen Jahr

Neben mehr Sport treiben, Gewicht abnehmen, mit dem Rauchen aufhören und sich gesünder ernähren, gehören auch berufliche Veränderungswünsche zu den beliebtesten Neujahrsvorsätzen. Das muss nicht darin gipfeln, dass Sie eine neue Stelle oder einen Berufswechsel anstreben. Vielleicht möchten Sie die Kolleg:innen besser kennenlernen oder sich an der Arbeit durch mehr Leistungen für Höheres empfehlen.

5 wirkungsvolle Neujahrsvorsätze

Im Folgenden finden sich einige Denkanstöße und Inspirationen, die uns durch unsere Coachees häufig mitgeteilt werden … und das keineswegs zwingend nur zum Jahreswechsel.

  • Work-Life-Balance neu bewerten! Zu arbeiten ist heute in etlichen Berufsfeldern längst nicht mehr so standortgebunden, wie es konventionell oft noch wahrgenommen wird. Doch hybrid zu arbeiten ist nicht das Einzige, was Sie für Ihre Work-Life-Balance tun können. Mehr Tipps hierzu formuliert Frank Lemloh in unserem Podcast zu diesem Thema.
  • Der Rollenwechsel! Wer möchten Sie sein in Ihrem System? Wie werden Sie an der Arbeit wahrgenommen? Wünschen Sie sich hier eine Veränderung? Inwieweit liegt das an Ihnen und inwieweit an Ihrer Arbeitsstelle – und welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Definieren Sie, wer Sie sein möchten und welche Rolle sich insgesamt stimmiger anfühlt als der Jetzt-Zustand.
  • Tapetenwechsel bedeutet nicht immer Jobwechsel! Wenn Sie sich im Job unterfordert fühlen, orientieren Sie sich um! Das bedeutet nicht zwingend, dass Sie einen neuen Arbeitgeber auftun müssen. Sie wollen mehr Autonomie? Verhandeln Sie über Flexibilität bei der Arbeit. Wenn Sie mehr Verantwortung übernehmen möchten, reflektieren Sie mit einer Vertrauensperson oder Mentor:innen die Möglichkeit einer Führungsposition. Seien Sie proaktiv, wenn es darum geht, das zu verfolgen, was Sie beruflich wollen.
  • Erhöhen Sie Ihren Fokus! Verzetteln Sie sich regelmäßig bei zu vielen Projekten und Zielen gleichzeitig? Sind Sie vielleicht eine Scanner-Persönlichkeit und wollen am liebsten „Alles!“, am besten „Jetzt“ und wenn möglich gleichzeitig? Atmen Sie durch und nehmen Sie sich Zeit, Ihre Ziele zu priorisieren und einen langfristigen Plan für Ihre Träume zu gestalten. Wir überschätzen gerne, was wir in einem Jahr schaffen können. Genauso unterschätzen wir, was wir in 5 oder gar 10 Jahren zu leisten vermögen.
  • Grenzen setzen und einhalten! Wenn Sie das Gefühl haben, ständig durch E-Mails oder durch Kolleg:innen unterbrochen zu werden und den Fokus zu verlieren, gilt es, Grenzen zu etablieren. Entschließen Sie sich, Ihre Grenzen klar festzulegen und zu kommunizieren. Dazu gehört, feste Fristen und Aufgabengebiete festzulegen, den Arbeitstag zu beenden und sich auf Privatleben, Freunde, Familie, Hobbys und andere persönliche Aspekte zu konzentrieren … oder einfach mal: Gar nichts tun.

Der beste Vorsatz von allen: Gönnen Sie sich ein Coaching

Persönliche Ziele zu setzen und diese zu erreichen ist kein leichtes Unterfangen. Die Entscheidung für die professionelle Unterstützung durch ein Karriere-Coaching kann Ihnen gerade bei der Entwicklung einer attraktiven Zielfindung und der Planung des dazugehörigen Weges viel Zeit und Nerven sparen – und es kann durchaus Spaß machen. Sie brauchen dafür keinen Leidensdruck und keine vermeintlich ausweglose Situation. Auch wenn Sie Ihre Gedanken ein wenig klären wollen und erste Impulse für einen Richtungswechsel suchen, kann ein zeitlich begrenztes Coaching-Angebot Sinn ergeben. Außerdem ist es ratsam, sich hin und wieder etwas zu gönnen, und sei es Quality Time mit fachkundigen Begleiter:innen.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und alles Gute beim Erreichen Ihrer Ziele.

Über den Autor:

Johannes Junker I Head of Coaching bei INQUA

Johannes Junker ist systemischer Coach, kreativer Prozessbegleiter und Head of Communications am INQUA-Institut. Als Host des INQUA Karriere-Coaching-Podcasts COACHGEFLÜSTER spricht er regelmäßig mit Expert:innen zu Themen rund um die berufliche Neuorientierung und gibt Tipps für Vorstellungsgespräche, Bewerbung und die persönliche Weiterentwicklung.

Letzte Beiträge

Assessment-Center Übungen: In 7 Tagen fit für Ihren Erfolg

Assessment-Center Übungen: In 7 Tagen fit für Ihren Erfolg

Eine Einladung zu einem Assessment-Center ist die Eintrittskarte in Runde zwei des Bewerbungsprozesses. Verständlich, dass Sie hier glänzen möchten. Wir haben Assessment-Center Übungen für Sie zusammengestellt und zeigen Ihnen, wie Sie sich innerhalb von sieben Tagen perfekt auf ein AC vorbereiten können.

Employer Branding entschlüsselt: Was Karriereseiten über die Unternehmenskultur verraten

Employer Branding entschlüsselt: Was Karriereseiten über die Unternehmenskultur verraten

Wie kann ich mir als Bewerber:in einen Eindruck von der Kultur eines Unternehmens verschaffen? Darüber spricht Podcast-Host Johannes Junker in der 40. Folge von COACHGEFLÜSTER mit Mia Welteroth. Als Business Coach und Expertin für Employer Branding hat sie Tipps zur Entschlüsselung von Karriereseiten dabei.

Assessment-Center-Vorbereitung: Tipps vom AC-Entwickler

Assessment-Center-Vorbereitung: Tipps vom AC-Entwickler

Fit fürs Assessment-Center in nur sieben Tagen? Das geht am besten mit Tipps und Impulsen vom Profi. INQUA Geschäftsführer Johannes Gramß ist Psychologe, Coach und Trainer und hat schon zahlreiche AC entwickelt. Im Podcast verrät er, was Sie erwartet und wie die perfekte Assessment-Center-Vorbereitung gelingt.