Warum Sie sich mit dem ATS-freundlichen Lebenslauf beschäftigen sollten

Haben Sie sich schon mal gefragt, warum Sie trotz Ihrer guten Qualifikationen und einer Übereinstimmung von 80 bis 100 Prozent mit dem Stellenprofil keine Rückmeldung auf Ihre Bewerbung erhalten?

Auch nach Wochen des Wartens und dem vorsichtigen, freundlichen Nachhaken keinerlei Feedback. Dann sind Sie nicht allein. Viele meiner Coachees erleben genau das. Ein möglicher Grund liegt nicht in der Bewerbung selbst, sondern im System, das sie vorsortiert: dem ATS (Applicant Tracking System), einem digitalen Bewerbermanagementsystem.

Dieser Blogbeitrag zeigt Ihnen, wie Sie Ihren Lebenslauf fürs ATS optimieren, welche Prompts und KI-Anwendungen Ihnen dabei helfen können und worauf es ankommt, damit Ihr Profil nicht an der Technik scheitert.

ATS-Lebenslauf

Was ist ein ATS und wie funktioniert es?

Ein Applicant Tracking System (ATS) verarbeitet digitale Bewerbungen automatisch. Es durchsucht Unterlagen nach Schlüsselwörtern/Keywords, analysiert die Struktur und trifft eine Vorauswahl. Für die Unternehmen ist das eine effiziente Zeiteinsparung. Für Sie als Bewerber:in heißt das aber: Wenn das System Sie nicht mit allen relevanten Kriterien und Berufserfahrungen auslesen kann, sind Sie raus, bevor jemand überhaupt hinschaut.

In manchen Coachings berichten mir Klient:innen, dass sie ihre Bewerbung am Abend abgeschickt haben und am nächsten Morgen bereits eine automatisierte Absage im Postfach vorfanden. Die Verwunderung ist dann groß: Wie kann das so schnell gehen?

Die Ursache liegt selten in der fachlichen Qualifikation, sondern oft in der Art, wie Lebensläufe von der Software verarbeitet und ausgelesen werden. Was für Menschen noch gut lesbar und überzeugend wirkt, kann für ein ATS ein unstrukturiertes Durcheinander sein.

Viele Systeme sind nämlich empfindlich gegenüber gestalterischen Elementen: Tabellen, Textboxen, ausgefallene Schriftarten oder grafische Akzente beeinträchtigen die maschinelle Lesbarkeit. Die Folge: Inhalte werden nicht erkannt, falsch zugeordnet oder komplett übergangen. Besonders problematisch wird es zudem, wenn wichtige Informationen in Bereichen stehen, die von vielen Programmen nicht zuverlässig erfasst werden, etwa in Kopf- oder Fußzeilen.

Die verhängnisvolle Folge: Qualifizierte Bewerbungen scheitern bereits an der ersten technischen Hürde, bevor je ein Mensch einen Blick darauf geworfen hat.

Kurz gesagt: Ein ATS-tauglicher Lebenslauf muss maschinenlesbar, sachlich aufgebaut und frei von Layout-Fallen sein, um im Auswahlprozess eine faire Chance zu haben.

KI checkt Bewerbungen

Wenn das System entscheidet: Chancen und Risiken von ATS

Neben der reinen Filterfunktion bergen solche Systeme weitere Risiken. Aufgrund von Daten-Bias oder zu starr eingestellten Suchkriterien kann es passieren, dass bestimmte Bewerbende benachteiligt werden. Zum Beispiel, wenn Lücken im Lebenslauf sind oder bestimmte Abschlüsse negativ bewertet werden. Auch ungebräuchliche Begriffe oder kreative Formulierungen können dazu führen, dass wichtige Informationen nicht richtig erkannt werden und Ihre Bewerbung dadurch übersehen wird.

Das System ist oft blind für motivierte Bewerber:innen, die keinen Einser-Abschluss mitbringen, sich aber durch Engagement, praktische Erfahrung wie Nebenjobs und kreative Lösungsansätze wichtige übertragbare Fähigkeiten erarbeitet haben. Erfahrene Recruiter:innen wissen diesen Einsatz zu schätzen und geben solchen Profilen häufig bewusst eine Chance – vorausgesetzt, sie bekommen sie überhaupt zu Gesicht.

Eine Analyse von Jobscan (2023), einem US-Anbieter für Bewerbungsoptimierung, zeigt: Rund 70 Prozent der großen Unternehmen setzen inzwischen auf solche Systeme, Tendenz steigend.

Auch in Europa ist der Trend klar erkennbar. Laut einer Marktanalyse von Technavio (2024) verwenden immer mehr Unternehmen ATS, vor allem weil HR-Systeme zunehmend mit künstlicher Intelligenz arbeiten. Der europäische ATS-Markt soll zwischen 2025 und 2029 voraussichtlich um 202,8 Millionen US-Dollar wachsen, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 5,1 Prozent. Diese Entwicklung wird durch die zunehmende Digitalisierung der Personalabteilungen, den verstärkten Einsatz von Cloud-basierten Lösungen und die Integration von KI-Technologien in den Rekrutierungsprozess vorangetrieben. Wer sich in Europa oder Deutschland bewirbt, sollte auf einen maschinenlesbaren CV achten. Ein möglicher Hinweis auf den Einsatz eines solchen Systems ist, wenn Sie Ihre Daten manuell in ein Bewerbungsportal eingeben und zusätzlich den Lebenslauf hochladen müssen. In diesem Fall läuft wahrscheinlich ein ATS im Hintergrund.

Wie CV-Parser arbeiten

In Europa sind CV-Parser (engl. „resume parser“, also Lebenslauf-Analysesoftware) im Einsatz. Sie erkennen beispielsweise Name, Berufserfahrung, Qualifikationen oder Werdegang und ordnen diese den passenden Feldern im System zu. Damit das gelingt, müssen die Dokumente klar und standardisiert aufgebaut sein. Parser erwarten bestimmte Layout-Standards, wie sie etwa in BERUFENET oder im europäischen Berufsinformationsportal EURES empfohlen werden. Wer mit kreativem Design arbeitet, riskiert, dass Inhalte übersehen oder falsch zugeordnet werden. Dies trifft besonders bei Vorlagen von Plattformen wie Canva oder StepStone zu, die optisch ansprechend, aber für automatische Systeme oft problematisch sind.

Bias-Filter durch Menschen

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor entsteht, wenn Filter gezielt durch Personalverantwortliche gesetzt werden. Dann kann es vorkommen, dass Bewerbende nach Alter, Geschlecht oder familiärem Status (z. B. Kinder) vorsortiert werden. Also anhand von Kriterien, die gesetzlich eigentlich nicht zur Benachteiligung führen dürfen. In diesen Fällen ist es nicht die Software allein, sondern der Mensch, der durch die Nutzung technischer Möglichkeiten unbewusste oder bewusste Formen von Bias in den Auswahlprozess einbringt.

Aus der Praxis: Wenn Gestaltung zum Stolperstein wird

Eine Klientin kam zu mir ins INQUA-Coaching, frustriert über monatelange Funkstille nach zahlreichen Bewerbungen. Wir analysierten ihren Lebenslauf: visuell ansprechend und erstellt mit einer Vorlage. Das Design stammte aus der für Lebensläufe beliebten Designplattform Canva. Viele dieser Vorlagen sind allerdings nicht ATS-konform und können zu fehlerhafter Datenverarbeitung führen.

So war es bei meiner Coachee: Der Name zum Beispiel „MAXI MÜLLER“ war als optisches Highlight komplett in Großbuchstaben geschrieben und mit gestrecktem Buchstabenabstand formatiert, wie es in Canva-Designs häufiger vorkommt. Genau das wurde zum Problem.

Viele Systeme sind darauf trainiert, Namen anhand der typischen Groß- und Kleinschreibung zu erkennen: also mit einem großen Anfangsbuchstaben, gefolgt von Kleinbuchstaben. Auch unübliche Schriftarten, wie sie in grafischen Designvorlagen verwendet werden, stellen für viele Parser eine zusätzliche Herausforderung dar. Diese können die automatische Texterkennung behindern, da die Systeme meist auf Standardschriften aus Word wie Arial oder Calibri ausgelegt sind. Das ATS konnte den Namen meiner Klientin daher auch nicht korrekt zuordnen. Zusätzlich war der Name bei ihr in einer Textbox platziert, einem Format, das von vielen Systemen entweder gar nicht oder nur fehlerhaft ausgelesen wird.

Auch der darunter stehende Berufstitel „Lead Engineer“ wurde durch die Gestaltung entstellt. Das System interpretierte ihn als „Lea Dengineer“. Was dabei im Hintergrund genau passiert, bleibt für Bewerbende meist unsichtbar. Die Folgen der Absage hingegen sind spürbar.

Angaben wie Name, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse sollten zudem auch nicht in der Kopf- oder Fußzeile platziert werden. Viele ATS lesen diese Bereiche nicht zuverlässig aus, wodurch die Informationen bei der Verarbeitung verloren gehen können. Im schlimmsten Fall fehlen dem System dann genau die Informationen, die für die Zuordnung Ihrer Bewerbung entscheidend sind.

In meinen Coachings erlebe ich häufig, dass technisch schwer lesbare Lebensläufe unbeabsichtigt zu Absagen führen. Deshalb lautet mein Grundprinzip: Ein ATS Lebenslauf muss in erster Linie funktionieren und erst im zweiten Schritt mit bewusst eingesetzten Gestaltungselementen im Dokument punkten.

Wenn Sie unsicher sind, wie Ihr Lebenslauf von einem Parser gelesen wird, können Sie ihn mit folgendem KI-Prompt selbst testen. Achten Sie dabei unbedingt darauf, keine personenbezogenen Daten wie Ihren echten Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihre Kontaktdaten oder konkrete Arbeitgeber:innen in der Testversion zu verwenden.

„Ich möchte meinen Lebenslauf für europäische CV-Parser optimieren. Bitte analysiere die Struktur und das Layout und erstelle mir eine Tabelle mit konkreten Verbesserungsvorschlägen, abgestimmt auf typische technische Anforderungen gängiger ATS-Parser in Europa, zum Beispiel Textboxen, Formatierung, Groß- und Kleinschreibung oder Layoutprobleme. Achte darauf, dass keine personenbezogenen Daten verwendet werden.“

💡 Tipp: Bewerben mit KI? So geht’s! Hören Sie unsere Podcast-Folge “Bewerbung schreiben mit KI – so hilft Ihnen ChatGPT” und holen Sie sich kostenfrei das Handout „KI-Prompts für Ihre Bewerbung“ über das Popup-Fenster.

Der optimierte ATS Lebenslauf: Tipps zu Layout, Format und Keywords

1. Struktur und Layout: der technische Rahmen

Vermeiden Sie viele Tabellen, Spalten oder Textfelder. Ein schmaler, klar strukturierter Randbereich für zentrale Informationen, wie etwa Ihre Kernkompetenzen oder die Passung zur Stelle, kann jedoch hilfreich sein, wenn er maschinenlesbar gestaltet ist.

💡Tipp: Studien mit sogenannten Eye-TrackingVerfahren zeigen, dass viele Personaler: innen Lebensläufe beim ersten Durchsehen in einer typischen Blickbewegung scannen. Sie lesen zunächst horizontal oben über die Seite, dann etwas weiter unten noch einmal quer und lassen den Blick anschließend vertikal an der linken Seite entlanggleiten.

Was heißt das für Sie? Wichtige Informationen wie Ihre Kontaktdaten, berufliche Schwerpunkte oder besondere Qualifikationen werden schneller erfasst, wenn sie klar strukturiert im oberen Bereich oder am linken Rand stehen.

  • Antichronologische Reihenfolge: Nennen Sie Ihre Stationen rückwärts chronologisch. Beginnen Sie mit der aktuellsten Tätigkeit. So sehen Recruiter:innen auf einen Blick, wo Sie heute stehen.
  • Gängige Standard-Schriftarten: Arial, Calibri, Times New Roman
  • Format: DOCX oder PDF

2. Keyword-Analyse: den „Code“ knacken

Ein ATS sucht nach Schlüsselbegriffen, die zur Stellenanzeige passen. Ohne sie werden Sie wahrscheinlich vom Algorithmus des Systems aussortiert, also der Softwarelogik, die entscheidet, ob Ihr Profil als passend bewertet wird.

So finden Sie die passenden Begriffe:

  • Lesen Sie die Stellenausschreibung aufmerksam
  • Achten Sie auf häufig genannte Tools, Methoden, Soft Skills/Fähigkeiten
  • Verwenden Sie sie im Lebenslauf sinnvoll und nicht als Liste

💡Tipp: Lassen Sie sich dabei von ChatGPT helfen. Geben Sie die Stellenanzeige ein und bitten Sie um eine Liste relevanter Begriffe für den Bewerbungsprozess.

3. Textoptimierung: Klar, konkret, kontextbezogen

• Vermeiden Sie Floskeln wie „verantwortlich für“
• Zeigen Sie Ergebnisse: „Optimierung der X-Prozesse um Y %“
• Nutzen Sie Bullet Points für bessere Lesbarkeit
• Streichen Sie überflüssige Ausschmückungen und Layout-Spielereien

So prüfen Sie Ihren Lebenslauf auf ATS-Tauglichkeit

Bevor Sie Ihren Lebenslauf abschicken, sollten Sie ihn auf Lesbarkeit durchs Bewerbermanagement testen. Es gibt Online-Tools und Scanner wie Die Bewerbungsschreiber, Kickresume oder Wozber, die Ihnen eine erste Einschätzung liefern. Beachten Sie dabei jedoch: Der Datenschutz und der Umgang mit sensiblen Daten sind bei diesen Tools nicht immer vollständig nachvollziehbar. Einige Anbieter geben an, die Daten nach 24 Stunden zu löschen.

💡Tipp: Wenn Sie ein Tool nutzen möchten, laden Sie nur eine anonymisierte Testversion Ihres Lebenslaufs, ohne Namen, Kontaktdaten oder bisherige Arbeitgeber hoch oder lassen Sie diese alternativ durch ChatGPT analysieren. Verwenden Sie dazu folgenden Prompt:

„Analysiere diesen Lebenslauf nach den Standards europäischer CV-Parser. Welche Elemente sind gut lesbar? Welche Verbesserungen gibt es? Gib die Ergebnisse tabellarisch aus.“ 

So erhalten Sie einen ersten Eindruck, wie maschinenlesbar Ihr Dokument ist.

Fazit: Klarheit, Strategie und Technologie: Ihr Vorteil beim INQUA-Institut

Ein ATS Lebenslauf ist mehr als eine Formalie. Er ist die Eintrittskarte zum Vorstellungsgespräch oder das Ende Ihrer Bewerbung. Wer versteht, wie diese Systeme funktionieren, kann sie für sich nutzen. Mit dem richtigen Aufbau, den passenden Keywords und einer klaren Sprache erhöhen Sie Ihre Chancen deutlich.

Wenn Sie dabei Unterstützung brauchen: Wir prüfen mit Ihnen im Karriere-Coaching nicht nur das Layout, sondern auch den kulturellen Fit, Ihre Positionierung im Markt und die richtige Sprache für Ihre Wunschstellen.

Über die Autorin: 

Laura Sander ist INQUA Coach in Hannover

Laura Sander ist INQUA Karriere-Coach in Hannover. Als Coach sind ihre Kernthemen im Coaching die strategische Karriereplanung, berufliche (Neu)Orientierung und die Begleitung von Veränderungsprozessen speziell nach der Elternzeit. Außerdem liegen ihre Schwerpunkt in lösungs- und ressourcenorientierter Persönlichkeits- und Selbstentwicklung und der Potenzialentfaltung.

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?

Lesen Sie monatlich die aktuellsten News vom Arbeitsmarkt & Tipps zum Bewerbungsprozess – kostenlos in Ihrem E-Mail-Postfach.




Letzte Beiträge

Offenheit im Job: Neurodiversität und chronische Erkrankungen thematisieren oder nicht?

Offenheit im Job: Neurodiversität und chronische Erkrankungen thematisieren oder nicht?

Fragen Sie sich, ob Sie Ihre Neurodiversität wie beispielsweise ADHS oder chronische Erkrankung im Job offenlegen sollen? In diesem Artikel erfahren Sie, wann Transparenz und Offenheit hilfreich sein können – und wann nicht. Mit konkreten Tipps für Bewerbung und Berufsalltag sowie persönlichen Erfahrungen aus der Praxis.

Zu klug für den Jobmarkt? Wenn Hochbegabung zur Hürde wird

Zu klug für den Jobmarkt? Wenn Hochbegabung zur Hürde wird

Hochbegabung klingt nach Vorteil – bringt im Job aber oft Unsicherheit, Perfektionismus und Konflikte mit sich. INQUA-Coach Valentine Wolf-Doettinchem zeigt im Gespräch mit Johannes Junker, wie Hochbegabte passende Entscheidungen treffen und ihr Arbeitsumfeld gezielt wählen.

3 Coaches – 3 Perspektiven: Clever statt gläsern! Transparenz in der Bewerbung

3 Coaches – 3 Perspektiven: Clever statt gläsern! Transparenz in der Bewerbung

Was bedeutet Transparenz im Bewerbungsprozess – und wie ehrlich dürfen oder müssen Sie eigentlich sein? Diese COACHGEFLÜSTER-Folge zeigt, wie Sie souverän mit Alter, Foto, Lücken und Brüchen umgehen – und was es heißt, Kurator:in Ihres Lebenslaufs zu sein.