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Was sind soziale Kompetenzen?Welche sozialen Kompetenzen gehören in eine Bewerbung?Gibt es gute und schlechte soziale Kompetenzen?Lassen sich soziale Kompetenzen (weiter)entwickeln?Soziale Kompetenz – ÜbertreibungZugehöriger Gegenwert – ÜbertreibungStellenanzeigen lesen sich häufig so: „Du möchtest Teil unseres Teams werden? Wir freuen uns auf deine Bewerbung, wenn du Folgendes mitbringst: ausgezeichnete Fachkompetenz, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Durchsetzungsvermögen und Leidenschaft für dein Thema.“ Neben dem lockeren Schreibstil und der Ansprache per Du, zu der viele Unternehmen inzwischen übergegangen sind, fällt in diesem Beispiel auf, dass Fachkompetenz zwar in ausgezeichnetem Maß vorhanden sein soll, aber relativ schnell abgefrühstückt wird. Viel mehr Aufmerksamkeit kommt den so genannten Soft Skills zu, denn diese werden Unternehmen zunehmend wichtiger. Gerade soziale Kompetenzen sind Schlüsselqualifikationen für die unterschiedlichsten Bereiche und Positionen.
Was sind soziale Kompetenzen?
Die sozialen Kompetenzen – eine Kategorie der so genannten Soft Skills – sind im Berufsleben diejenigen Fähigkeiten, die es uns neben unseren Fachkompetenzen ermöglichen, effektiv mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten. Das können Teamfähigkeit, Kommunikationskompetenz oder Durchsetzungsvermögen sein. Manchmal ist auch interkulturelle Kompetenz, konstruktive Gesprächsführung oder Eigeninitiative gefragt. Die Liste lässt sich unendlich erweitern. Welche besonderen Fähigkeiten jeweils gefordert werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab, die unmittelbar mit der zu besetzenden Stelle, den dazugehörigen Aufgaben oder auch dem Einstiegs-Level zu tun haben. So werden von einer Führungskraft andere soziale Kompetenzen erwartet als von einer Auszubildenden, von einer Senior-Mitarbeiterin im Direktvertrieb andere als von ihrem Senior-Kollegen aus dem Controlling.
Es gibt soziale Kompetenzen, die sich direkt auf unseren Umgang mit anderen Menschen beziehen. Dazu gehören Kritik- oder Konfliktfähigkeit, Menschenkenntnis und selbstverständlich Teamfähigkeit, der Klassiker im geforderten Kompetenzkanon. Andere soziale Kompetenzen betreffen den Umgang mit uns selbst, so zum Beispiel Selbstdisziplin, Selbstwahrnehmung oder die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Mittelbar haben auch diese Kompetenzen Einfluss auf unsere Zusammenarbeit mit anderen: Wer dazu in der Lage ist, sich selbst zu motivieren und diszipliniert die eigenen Aufgaben abzuarbeiten, wird als zuverlässige:r Kolleg:in entscheidend zum Arbeitsergebnis des Teams beitragen. Und wer selbstreflektiert die eigenen Anteile an Konflikten erkennen und benennen kann, wird in kritischen Situationen eher zu einer konstruktiven Lösung finden als eine Person, die das weniger gut kann. Hören Sie hierzu auch unseren Podcast Softskill: Lebenserfahrung – Karrierewechsel mit 50 plus.
Welche sozialen Kompetenzen gehören in eine Bewerbung?
Wenn Sie dabei sind, eine Bewerbung zu verfassen, ist das Anschreiben der richtige Ort, um Ihren sozialen Kompetenzen eine Bühne zu geben. Der Lebenslauf ist den erworbenen Fachkompetenzen vorbehalten, also Abschlüssen, Weiterbildungen, Sprachkenntnissen und so weiter. Wenn Sie über Ihre sozialen Kompetenzen schreiben, denken Sie daran, warum Sie das tun: Hier zeigen Sie sich als einzigartiges Individuum, denn Ihr ganz eigener Mix aus persönlichen sozialen Eigenschaften ist das, was Sie maßgeblich von anderen Kandidat:innen unterscheidet. Aus Ihrem Anschreiben lesen Personaler:innen also bereits heraus, ob Sie ins Team passen könnten, denn viele Unternehmen suchen neue Mitarbeiter:innen unter der Prämisse “Fehlendes Wissen und Kenntnisse können wir vermitteln. Es ist entscheidend, dass Kandidat:innen in unsere Unternehmenskultur passen”.
Wenn Sie über Ihre sozialen Kompetenzen nachdenken, tun Sie das immer im Hinblick auf die ausgeschriebene Stelle. Fragen Sie sich: Welche meiner Kompetenzen sind für diesen Job besonders wichtig? Womit kann ich besonders punkten? Wenn Sie sich beispielsweise bei einem Start-up bewerben, kann Ihr Pragmatismus den entscheidenden Vorteil bringen – weil in einem eher jungen Unternehmen oft (noch) Prozesse und klare Rollenverteilungen fehlen. Das könnte im Anschreiben so klingen: „Dank meiner Hands-on-Mentalität sehe ich, was gerade zu tun ist und gehe Aufgaben selbstständig und lösungsorientiert an.“
Um Ihre sozialen Fähigkeiten gleich im Anschreiben zu belegen, betten Sie sie (kurz gefasst) in Beispiele ein: In welchem Moment waren Sie besonders empathisch? In welchem Projekt hat Ihnen Ihre Konfliktfähigkeit geholfen? Oder: An welcher Stelle wird Ihre Teamfähigkeit sichtbar? Seien Sie ruhig kreativ – hier geht es um Sie als Individuum. Das ist Ihre Chance, sich von anderen Kandidat:innen mit ähnlichen Lebensläufen und Ausbildungswegen abzuheben.
Gibt es gute und schlechte soziale Kompetenzen?
Um die Frage gleich zu beantworten: Nein, die gibt es nicht. Aber es gibt eine Schattenseite: „Kompetenzen können, wenn ich sie zu stark übertreibe, auch zu Schwächen werden“, sagt Gudula Brammer, INQUA Karriere-Coach. „Wenn Sie ein Mensch sind, der viel für Harmonie und Ausgleich sorgt, vernachlässigen Sie möglicherweise eigene Ziele. Und andersherum: Wenn Sie sich häufig durchsetzen, kann es vielleicht sinnvoll sein, dass Sie an Ihrem Einfühlungsvermögen arbeiten.“ Um ihre volle konstruktive Wirkung entfalten zu können, müssen soziale Kompetenzen jeweils in Balance zu einem Gegenwert stehen. So brauchen Menschen zum Beispiel neben der Vorsicht auch Mut, um nicht feige zu werden. Umgekehrt sorgt eine gute Balance zwischen Mut und Vorsicht dafür, dass ein mutiger Mensch nicht leichtsinnig oder übermütig wird.
Das Werte- und Entwicklungsquadrat, ein Modell von Friedemann Schulz von Thun, Nicolai Hartmann und Paul Helwig, veranschaulicht diese Balance zwischen einer sozialen Kompetenz und ihrem jeweiligen Gegenwert. Es macht Wertvorstellungen und persönliche Maßstäbe sichtbar und hilft dabei, diese in einem dynamischen Gleichgewicht zu halten. Das Schlüsselwort ist dynamisch, denn je nach Situation ist vielleicht auch einmal das extremere Verhalten angebracht. Das heißt: Übermut ist nicht per se schlecht. Manchmal kann – selbst für eine vorsichtige Person – Übermut das Mittel der Wahl sein. Zum Beispiel wenn so schnell eine Entscheidung getroffen werden muss, dass übliche Prozesswege nicht eingehalten werden können. Wichtig ist, dass das extreme Verhalten nicht zur Regel wird, sondern das Ergebnis einer bewussten Entscheidung ist, die für den jeweiligen Moment getroffen wird.
Lassen sich soziale Kompetenzen (weiter)entwickeln?
Das Wort „Entwicklung“ steckt schon im Namen des Modells, und das ist auch das Ziel: Es geht darum, die eigenen Handlungsspielräume zu erweitern, zu entwickeln. „Wir haben zwar alle Neigungen und Präferenzen in der Ausprägung unserer Kompetenzen, können aber auch weniger stark ausgeprägte Kompetenzen durchaus weiterentwickeln“, sagt Gudula Brammer. „Das heißt nicht, dass Sie ein anderer Mensch werden sollen, sondern dass Sie einfach versuchen mehr Handlungsspielräume zu erhalten und so viele Potenziale wie möglich ausschöpfen.“ Im Karriere-Coaching arbeitet die INQUA Expertin mit ihren Klient:innen an deren Entwicklungsrichtung und nutzt dazu unter anderem auch das Werte- und Entwicklungsquadrat, weil es das Spannungsverhältnis sichtbar macht, in dem sich die Coachees häufig bewegen.
Ein weiteres wichtiges Werkzeug, das auch Gudula Brammer in der Arbeit an den sozialen Kompetenzen einsetzt, ist das Kompetenzprofil High Profiling®. Dabei handelt es sich um ein biografieorientiertes Reflexions-Tool, das am INQUA-Institut eigens entwickelt wurde. Dieses Tool unterstützt Coachees nicht nur dabei, eine breitere Kenntnis über die eigenen sozialen und fachlichen Kompetenzen zu gewinnen. Sie erkennen auch, in welchen Lebensphasen und Situationen sie diese bereits gezeigt und erfolgreich angewandt haben. Diese Erkenntnisse unterstützen sie im Entwicklungsprozess, stärken ihr Selbstbewusstsein und liefern wertvolle Argumente für die unterschiedlichen Phasen im Bewerbungsprozess.
Übrigens: Während der Arbeitssuche können die Kosten für ein AVGS-Coaching durch einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zu 100 % von der Agentur für Arbeit bzw. dem Jobcenter übernommen werden.
Soziale Kompetenz – Übertreibung
Toleranz – Gleichgültigkeit
Vorsicht – Feigheit
Durchsetzungsvermögen – rücksichtslose Ellbogenmentalität
Spontaneität – vorschnelle Impulsivität
Zugehöriger Gegenwert – Übertreibung
Engagement – Fanatismus
Kühnheit/Mut – Übermut/Leichtsinn
Rücksicht – Selbstverleugnung/mangelnde Selbstbehauptung
Besonnenheit – Überbedächtigkeit
Über den Autor:
COACHGEFLÜSTER Folge 10 – Karrierewechsel mit 50 plus – Lebenserfahrung als Soft Skill
Kompetenzprofil High Profiling® – Ihren Stärken auf der Spur
12 Stärken, um im Vorstellungsgespräch zu punkten
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