Im Video-Interview haben Sie weitaus mehr Faktoren in der Hand, sich positiv und eindrucksvoll zu präsentieren, als in der Vor-Ort-Begegnung!

Wer aktuell auf Jobsuche ist, benötigt das digitale Know-how, um auch auf virtueller Ebene zu glänzen. Denn nicht erst seit Corona sind Vorstellungsgespräche via Zoom, Microsoft Teams und andere Dienste ein wichtiges Instrument im Recruiting von Fach- und Führungskräften. Die Pandemie hat der Branche nun einen zusätzlichen Schub versetzt. Job-Interviews per Videokonferenz sind vom Bewerbungsmarkt der Zukunft daher schlicht nicht mehr wegzudenken. Wie im Bewerbungsgespräch live vor Ort gilt auch bei der Königsdisziplin der virtuellen Kommunikation: Entscheidend für eine erfolgreiche Präsentation sind authentisches Auftreten, die Konzentration auf das Wesentliche und eine sorgfältige Vorbereitung. Wie Sie sich im virtuellen Raum technisch und inhaltlich optimal in Szene setzen, erfahren Sie in unseren sechs Top-Tipps.

Die sechs Top-Tipps für Ihr Online-Job-Interview

1. Mind-Set stärken

Wer in den letzten Monaten erstmals den Umgang mit einer Videokonferenz-Plattform erlernt hat, konnte im Austausch mit Freunden und Kolleg:innen bereits Erfahrung sammeln und digitale Kompetenzen ausbauen. Wenn Ihnen die Online-Variante des Vorstellungsgesprächs dennoch zusätzlichen Druck bereitet, fokussieren Sie sich auf die Vorzüge und Möglichkeiten dieser Präsentationsform. So entwickeln Sie die mentale Stärke und Gelassenheit für ein positives Auftreten. Der virtuelle Weg ist effektiv, er spart Ihnen Zeit und Geld. Zudem entwickeln Sie Ihre digitalen Kompetenzen stetig weiter und können sie unmittelbar unter Beweis stellen. Machen Sie sich bewusst: Die Einladung zum Bewerbungsgespräch bedeutet, dass Sie für das Unternehmen fachlich in Frage kommen und Sie mit Ihrer Bewerbung und Qualifikation bereits gepunktet haben. Nun geht es in erster Linie darum, die Arbeitgeberseite von Ihrer Persönlichkeit zu überzeugen. Dabei haben Sie in Ihrer gewohnten Umgebung weitaus mehr Faktoren in der Hand, sich positiv und eindrucksvoll zu präsentieren, als in der Vor-Ort-Begegnung.

2. Der Technik-Check

Falls das Gespräch über eine Ihnen unbekannte Software stattfinden soll, testen Sie sie ausführlich, denn jede Plattform funktioniert anders. Legen Sie sich ein seriöses Profil an oder aktualisieren Sie Ihr bestehendes mit einem professionellen Foto und Ihrem Vor- und Zunamen. Tauschen Sie Fantasienamen oder unpassende Abwesenheitsnotizen aus. Testen Sie neben der Stabilität der Internet-Verbindung Kamera und Mikrofon. Die meisten Videochat-Programme bieten dafür Funktionstests. Investieren Sie falls nötig in externes Equipment. Noch wichtiger als ein scharfes, kontrastreiches Bild ist guter Ton. Falls das integrierte Mikrofon keine überzeugende Qualität liefert, nutzen Sie am besten ein kabelloses Bluetooth-Headset, dabei auf vollständige Ladung achten! Ohrstöpsel und Kopfhörer wirken weniger seriös. Überprüfen Sie weiterhin Ihren Bildausschnitt: Platzieren Sie sich ausreichend nah vor der Kamera, so dass Gesicht und Oberkörper gut zu sehen sind, doch weit genug weg, dass auch Ihre Gestik erkennbar ist und Sie sich wohlfühlen. Ein wichtiger Faktor ist zudem die Kameraperspektive. Stellen Sie sicher, dass Sie nicht von oben oder unten in die Kamera schauen, man also nicht gefühlt zu Ihnen aufschaut oder auf Sie hinabblickt, sondern Ihr Blick gerade auf Augenhöhe in die Kamera gerichtet ist. Ziehen Sie das Fenster mit dem Bild Ihres Gegenübers gegebenenfalls etwas kleiner nach oben an den Bildschirmrand Richtung Kamera, damit Ihr Blick im Gespräch zur Interviewer:in ausgerichtet bleibt. Achten Sie außerdem auf gerade Linien im Hintergrund. Richten Sie Kamera, Bildschirm oder höhenverstellbaren Schreibtisch so ein, dass Ränder von Regalen, Bildern oder Fenstern parallel zum Bildrand verlaufen. Schließlich testen Sie die Lichtverhältnisse zu einer Tageszeit, zu der das Gespräch stattfinden wird. Sie sollten weder über- noch unterbelichtet sein. Achten Sie bei Fenstern im Hintergrund darauf, dass Sie nicht zu dunkel erscheinen. Prüfen Sie, ob die Beleuchtung ausreicht, wenn es sonnig ist und Sie die Vorhänge zuzuziehen. Ideal ist eine sanfte, diffuse Lichtquelle von schräg vorne auf Höhe des Computers, damit das Licht schön auf Ihr Gesicht fällt. Dazu können Sie auch eine LED-Leuchte mit davor fixiertem Pergamentpapier installieren, bestenfalls auf Ihrer Schokoladenseite. Eine markantere Wirkung erzielen Sie dabei durch eher seitliches Licht, weicher/weiblicher wirken Sie, wenn das Licht frontaler kommt. Sie können übrigens auch ein Smartphone mit hochwertiger Kamera verwenden. Nutzen Sie dann aber ein Tisch-Stativ und installieren Sie es auf Augenhöhe.

3. Inhaltlich glänzen: Der Werte-Check

Bei der üblichen Recherche von Unternehmensinformationen machen Sie sich vorab auch ein Bild von Ihrem Interviewpartner über XING oder LinkedIn. So finden Sie mögliche Anknüpfungspunkte für das Gespräch. Und natürlich sollten Sie auf typische und fiese Fragen vorbereitet sein. Zur inhaltlichen Vorbereitung gehört inzwischen jedoch noch mehr, denn für Unternehmen spielt das Matching der Werte zwischen Bewerber:in und Organisation eine zunehmend wichtigere Rolle. Daher gilt es sich für eine erfolgreiche Bewerbung intensiv mit der Unternehmenskultur auseinanderzusetzen. Einerseits um festzustellen, ob die eigenen Werte überhaupt zu diesem Arbeitgeber passen, andererseits um durch gute Kenntnisse von Kultur und Werten des Unternehmens zu punkten. Die Kultur des Zielunternehmens zu erforschen ist eine Detektivarbeit. Es geht nicht nur um die Werte, die nach außen präsentiert werden, sondern auch um jene, die nach innen gelebt werden. Werte können explizit genannt werden, meist sind sie aber zwischen den Zeilen zu finden, etwa auf der Website unter den Menüpunkten Über unsUnternehmenJobsKarrierePhilosophie oder Core Values. Auch aus Design und Farbgebung des Internetauftritts lässt sich einiges herauslesen. Geht es expressiv und farbenfroh zu oder eher technisch-kühl? Fotos, Videos und besonders Inhalte der sozialen Medien liefern einen weiteren Einblick in die gelebte Firmenkultur.

4. Perfekt inszeniert: Umgebung und Outfit

Ein Online-Vorstellungstermin bietet den gravierenden Vorteil, dass Sie das Gespräch in Ihrer gewohnten Umgebung führen. Das kann helfen sich wohlzufühlen und gibt Ihnen mehr Raum, sich selbst zu inszenieren. Personaler:innen achten bewusst darauf, wie Ihre Umgebung wirkt, welches Zimmer Sie gewählt haben, ob der Hintergrund aufgeräumt und freundlich ist. Entfernen Sie störende Elemente, die ablenken könnten, dann fällt es Ihrem Gesprächspartner leichter, sich auf das Gesagte zu konzentrieren. Sie können jedoch über bewusst platzierte Gegenstände durchaus Ihre Werte zum Ausdruck bringen oder Farben und Kultur des Unternehmens widerspiegeln. Pflanzen, Kalender, ein imposantes Fachbuch, E-Gitarre, Surfboard oder Landkarte rücken Hobbys und Interessen ins Blickfeld und transportieren Ihre Einstellung, ob Sie etwa eher konservativ oder leger sind, organisiert oder kreativ. Doch Achtung: Recruiter sind Profis und durchschauen solche Kniffe! Seien Sie darauf vorbereitet, dass Ihre Deko die Basis für Small Talk bietet oder Ihre Werte hinterfragt werden. Sie sollten dann etwas Substanzielles dazu sagen können. Neben der Umgebung liefert die Wahl Ihrer Kleidung einen wichtigen ersten Eindruck Ihrer Person. Recherchieren Sie im Vorfeld den Dresscode des Unternehmens und wählen Sie ein Outfit, das zu dem Team, in dem Sie arbeiten möchten, passt, und gleichzeitig authentisch wirkt und nicht zu einer Verstellung führt. Vermeiden Sie dabei kleinformatige Muster wie Pünktchen, Karos oder Streifen, da diese auf dem Bildschirm für ein unangenehmes Flimmern sorgen können. Bedenken Sie, dass die andere Seite Sie womöglich in höherer Auflösung an einem größeren Bildschirm sieht. Nutzen Sie – auch als Mann – ein wenig Puder oder ein Papiertuch gegen unschönen Hautglanz. Manche Software bietet einen Weichzeichner-Effekt, der die Haut schön ebenmäßig macht. Teilweise lässt sich auch der Hintergrund unscharf stellen, für eine schöne Tiefenschärfe oder um die nicht mehr taufrische Tapete zu kaschieren. Die Wirkung sollte jedoch dezent sein. Probieren Sie es aus.

5. Bestens vorbereitet: Praxis-Check im Rollenspiel

Bitten Sie ein Familienmitglied oder eine:n Freund:in, das Gespräch mit Ihnen zu proben, und zeichnen Sie es auf. Der Testlauf findet idealerweise unter realen Bedingungen statt, also zur genauen Uhrzeit am gewählten Ort im Bewerbungs-Outfit. Lassen Sie Ihr Gegenüber neben den Klassikern auch überraschende, kritische und provozierende Stressfragen einbauen. Analysieren Sie Ihre Probeaufnahme, auch hinsichtlich eventueller technischer Tücken, und bitten Sie Ihren Sparringspartner um Feedback. So erhalten Sie wichtige Erkenntnisse über Ihre Wirkung und Ihre Reaktionen auf kritische Situationen. Studieren Sie jedoch keine ausgefeilten Antworten ein. Personaler:innen fällt das sofort unangenehm auf. Bleiben Sie spontan und authentisch! Sie können aber einen weiteren Vorteil des Online-Formats nutzen, indem Sie sich unauffällig Stichworte auf Haftzetteln am Bildschirm fixieren oder an der Wand in Kameranähe, so dass Ihr Blick oben bleibt. Im INQUA Karriere-Coaching ist das Rollenspiel und die Analyse einer Testaufzeichnung übrigens fester Bestandteil. Unsere Coaches kennen die Tricks und Vorlieben der Recruiter sehr genau.

6. Und los geht’s: Souverän im Gespräch

Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für letzte Vorbereitungen, um gelassen ins Gespräch zu gehen. Es sollte klar sein, wer wen anruft. Für den Notfall halten Sie die Kontaktdaten Ihres Ansprechpartners bereit. Schaffen Sie sich eine entspannende Umgebung für eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Vermeiden Sie vor allem jegliche Hintergrundgeräusche (Spülmaschine etc.) und schalten Sie mögliche Störquellen wie das Handy aus. Starten Sie den Rechner beizeiten, schließen Sie alle anderen Programme und deaktivieren Sie automatische System-Updates, die den Rechner herunterfahren lassen könnten. Legen Sie sich Ihre Bewerbungsunterlagen und die Stellenausschreibung parat – als Gedächtnisstütze oder für mögliche Anknüpfungspunkte. Denken Sie auch an Schreibzeug, ein Getränk (außer Gestikulier-Reichweite!) und ein Taschentuch, so dass Sie auf keinen Fall aufstehen müssen. Zu Beginn des Gesprächs bedanken Sie sich für die Einladung. Achten Sie auf eine aufrechte Haltung, eine angemessene, gut sichtbare Gestik und halten Sie während der Session die 50:50-Regel bezüglich Ihres Redeanteils ein. Durch Ihre Sprache und Körpersprache können Sie übrigens auch die Unternehmenswerte ausdrücken. Ein dezentes Spiegeln der Körpersprache Ihres Gegenübers fördert zudem die Sympathie. Wenn Sie nicht wissen, wohin mit Ihren Händen, informieren Sie sich vorab über geheimen Zeichen der nonverbalen Kommunikation. Im Online-Bewerbungsgespräch – oft nur ein Vorgespräch – werden nicht direkt alle Details des Arbeitsvertrags besprochen. Notieren Sie sich das Jahresgehalt, das Sie sich wünschen, aber kommunizieren Sie Ihre Gehaltsvorstellung nur, wenn die Führungskraft dies thematisiert. Am Ende bedanken Sie sich für das Gespräch und lassen die Session vom Interviewpartner beenden. Senden Sie im Anschluss eine E-Mail an alle Teilnehmer:innen, in der Sie sich ebenfalls für das angenehme Gespräch bedanken und Ihr Interesse an der Stelle bekräftigen. Viel Erfolg!

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Über den Autor:

Johannes Gramß

Johannes Gramß ist Diplom-Psychologe und Geschäftsführer des INQUA-Instituts. Sein Schwerpunkt liegt in der Konzeptentwicklung für Digitales Coaching mit ansprechenden, wirkungsvollen Lernarchitekturen. Er beschäftigt sich zudem mit dem Nutzen von persönlichen Ressourcen und dem Bearbeiten innerer Barrieren bei der beruflichen Neuorientierung sowie dem psychologisch geschickten Umgang bei digitalen Auswahlprozessen für Bewerbende.

Weitere Links zum Thema:

Outfit und Körpersprache im Bewerbungsgespräch: Interview mit INQUA Karriere-Coach Petra Schreiber

Erfolgreich im Vorstellungsgespräch: Video-Interview mit INQUA Karriere-Coach Doris Bohlen

E-Book “Auf dem Weg zum Traumjob”: Die besten Tipps für Ihre Bewerbung aus dem INQUA Karriere-Coaching Foto: Karolina Grabowska | pexels.com

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